Die Vergütung von Architektenleistungen ist ein zentrales Thema für alle Beteiligten im Bauwesen: Für den Architekten stellt das Honorar die Grundlage für die Bezahlung seiner Arbeit dar, für den Bauherrn ist es ein wichtiger Kostenfaktor im Bauprozess. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Architektenhonorar ergeben sich vor allem aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere den §§ 650p ff. BGB, die seit 2020 in Kraft sind.
Dieser Artikel beleuchtet sowohl die Perspektive des Architekten als auch des Bauherrn und geht dabei auf die relevanten gesetzlichen Regelungen sowie auf die Neuerungen der HOAI 2021 ein.
1. Das Architektenhonorar im rechtlichen Kontext:
1.1 Die HOAI – Ein Überblick
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) regelt die Höhe des Architektenhonorars und die Art und Weise, wie die Leistung des Architekten zu bewerten ist. Dabei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, die eine verbindliche Mindest- und Höchstvergütung für die Architektenleistungen festlegt. Diese ist in verschiedenen Leistungsphasen unterteilt, von der Grundlagenermittlung bis hin zur Objektbetreuung.
Die HOAI wurde mehrfach reformiert, zuletzt 2021. Eine der bedeutendsten Neuerungen war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2019, der die verbindliche Mindest- und Höchstvergütung der HOAI als unvereinbar mit dem europäischen Wettbewerbsrecht erklärte. Im Ergebnis der Reform wurde die HOAI 2021 angepasst: Seitdem sind die Festpreise für Architektenhonorare nicht mehr zwingend, sondern als Orientierungshilfe zu verstehen. Sie sind somit als orientierende Werte anzusehen, die die Parteien als Grundlage für ihre vertraglichen Vereinbarungen nutzen können.
1.2 Die BGB-Regelungen – §§ 650p ff.
Neben der HOAI spielen auch die §§ 650p ff. BGB eine wichtige Rolle, insbesondere für Bauherren und Architekten, wenn es um die Frage der Vergütung und des Vertrages geht. Die §§ 650p bis 650t BGB regeln das sogenannte Architekten- und Ingenieurvertragsrecht, welches nach der Reform des BGB im Jahr 2020 das Vertragsverhältnis zwischen Architekten und Bauherren konkretisiert.
Eine der wichtigsten Änderungen betrifft die Regelung zur Vertragsschließung und der Vergütung: Wenn ein Bauherr mit einem Architekten einen Vertrag schließt, aber keine genaue Vergütungsvereinbarung trifft, gelten die Regelungen der §§ 650p ff. BGB. Hier wird auf eine „angemessene“ Vergütung abgestellt, die sich an den üblichen Preisen für vergleichbare Leistungen orientiert.
2. Das Architektenhonorar aus der Sicht des Architekten
2.1 Vergütung und Risiko
Für den Architekten stellt das Honorar eine wesentliche Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit dar. In vielen Fällen ist das Honorar an die verschiedenen Leistungsphasen gebunden, wobei die Vergütung auf Basis des sogenannten Bauwertes berechnet wird. Der Bauwert ist die Grundlage für die Berechnung des Architektenhonorars und ist vor allem von den anfallenden Baukosten abhängig.
Mit der Reform der HOAI 2021 wurde das System der verbindlichen Mindestsätze gelockert, was zu einer flexibleren Handhabung führt. Dies bedeutet jedoch auch ein gewisses Risiko für den Architekten: In Projekten mit einem unsicheren Budget oder unklaren Zielvorgaben muss der Architekt größere Risiken eingehen, da die Honorare in den Verhandlungen freier gestaltet werden können. Insbesondere im Fall von Honorarminderungen oder Nachforderungen kann es zu Unsicherheiten kommen.
2.2 Der Einfluss der HOAI-Neuerungen
Die Änderung der HOAI 2021 bringt für Architekten sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Auf der einen Seite können sie bei der Verhandlung des Honorars mehr Flexibilität genießen, insbesondere wenn der Bauherr bereit ist, höhere Honorare zu zahlen. Auf der anderen Seite könnte der Wegfall der verbindlichen Mindestsätze zu einer stärkeren Marktverdrängung führen, da sich insbesondere kleinere Architekturbüros in einem Wettbewerb mit günstigeren Preisen behaupten müssen.
Zudem könnte die flexible Gestaltung von Honoraren in bestimmten Fällen zu unklaren oder vagen Vereinbarungen führen, was sowohl für den Architekten als auch für den Bauherrn nachteilig sein kann. Deshalb ist es umso wichtiger, dass der Architekt die genaue Leistungserbringung sowie die Honorarvereinbarung klar und detailliert vertraglich regelt.
3. Das Architektenhonorar aus der Sicht des Bauherrn
3.1 Die Bedeutung des Honorars für den Bauherrn
Für den Bauherrn ist das Architektenhonorar ein zentraler Kostenfaktor im Rahmen eines Bauprojekts. Die genaue Höhe des Honorars beeinflusst nicht nur das Budget, sondern auch die Qualität der Planungsleistungen. Daher ist es für den Bauherrn entscheidend, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erhalten.
Vor der Reform der HOAI 2021 mussten Bauherren bei der Wahl ihres Architekten in erster Linie die vorgeschriebenen Mindestsätze berücksichtigen, was zu einer gewissen Transparenz und Vorhersehbarkeit der Kosten führte. Mit der neuen Flexibilität in der HOAI 2021 sind Bauherren jedoch stärker auf Verhandlungen angewiesen, um ein faires Angebot zu erhalten.
3.2 Risiken und Chancen für den Bauherrn
Die Änderungen der HOAI 2021 bieten Bauherren einerseits die Möglichkeit, mit Architekten über Honorare in flexiblerer Weise zu verhandeln, was gerade bei kleineren oder weniger komplexen Projekten zu Kostensenkungen führen kann. Andererseits besteht jedoch die Gefahr, dass durch niedrige Honorare die Qualität der Leistungen leidet, insbesondere wenn Architekten versucht sind, ihre Preise aus Wettbewerbsgründen zu senken.
Eine weitere Herausforderung für Bauherren besteht darin, dass die Einführung von flexiblen Honoraren in einigen Fällen zu Unsicherheiten führt: Was passiert, wenn nachträgliche Änderungen oder Erweiterungen der Leistung anfallen? Hier muss der Bauherr sicherstellen, dass auch solche Eventualitäten im Vertrag geregelt sind, um böse Überraschungen zu vermeiden.
4. Zusammenfassung und Empfehlungen
Die Anpassungen der HOAI 2021 bringen sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Architekten und Bauherren mit sich. Für Architekten bedeutet die Abschaffung der verbindlichen Mindestsätze mehr Verhandlungsspielraum, birgt aber auch Risiken im Hinblick auf unklare Honorare und wettbewerbsbedingte Preissenkungen. Bauherren wiederum profitieren von einer größeren Flexibilität bei der Honorargestaltung, müssen jedoch auch darauf achten, dass sie nicht die Qualität der Leistungen gefährden.
Empfehlenswert ist für beide Seiten, klare und detaillierte Vereinbarungen zu treffen, um spätere Konflikte zu vermeiden. Besonders wichtig sind transparente Kalkulationen und realistische Vorstellungen über den Umfang der Leistungen und die entsprechenden Honorare. Die Regelungen der §§ 650p ff. BGB bieten hierbei eine rechtliche Grundlage für die Vertragserstellung, während die HOAI als Orientierungshilfe für die Höhe des Honorars dient. Eine enge Zusammenarbeit und ein gut ausbalanciertes Verhältnis zwischen den Erwartungen des Bauherrn und den Vergütungsforderungen des Architekten sind für den Erfolg eines Projektes entscheidend.
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